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Zeitzeugengespräch mit Alexander Müller - Gedenkstätte Geschlossener Jugendwerkhof Torgau

Familie ist wahrscheinlich für die meisten von uns der Ort, an den wir uns zurückziehen und wo wir zur Ruhe kommen können. Es ist der Platz, an dem wir völlig wir selbst sind und uns geborgen fühlen. Doch nicht alle Kinder haben das Glück, ein friedvolles Zuhause zu besitzen.

Einige müssen, aus verschiedenen Gründen, in ein Kinderheim. Das war in der DDR nicht anders, und doch gab es bei der staatlichen Jugendfürsorge Besonderheiten. Sobald die Jugendhilfe ins Spiel kam, entschied diese über ein Kind zwischen „normal erziehbar“ oder „schwer erziehbar“. Damit entschied sich, ob die Einweisung entweder in ein Normal- oder in ein Spezialheim erfolgte. Ein Heim für „schwererziehbare“ Kinder war beispielsweise der Jugendwerkhof Torgau, in welchem Alexander Müller zwei Mal festgehalten wurde.

Am 23.01.2024 war er Gast bei Schule im Dialog, um als Zeitzeuge über den Geschlossenen Jugendwerkhof Torgau zu sprechen. Die Veranstaltung begann mit einem Vortrag, den Frau Weiß (Gedenkstätte Geschlossener Jugendwerkhof Torgau) über die Spezialheime der DDR hielt, die vor allem zur (politischen) Umerziehung der Kinder dienten. Ziel war es, Fleiß, Disziplin, Ordnung und Sauberkeit durchzusetzen.

Gegen den Willen der Eltern konnten Kinder eingewiesen werden, z. B. wenn die politische Haltung der Eltern nicht staatskonform war. Dann mussten die Kinder dem strengen Alltag des Jugendwerkhofes Torgau standhalten. Jungen und Mädchen waren getrennt voneinander untergebracht, jeder Kontakt war verboten. Selbst Blickkontakt wurde bestraft. Sport bis zur totalen Erschöpfung − als Disziplinierungsmaßnahme − nahm neben der Arbeit den Großteil des Tages ein. Wer das Pensum nicht schaffte, wer den Regeln nicht gehorchte, bekam Strafarbeiten, Strafrunden oder musste tagelang in die Arrestzelle. Das war ein dunkler, kleiner Raum mit einer tagsüber hochgeklappten Pritsche und einem Hocker. Mit "Kollektivstrafen" versuchten die "Erzieher", die KInder zu brechen.Torgau war ein besonderer Jugendwerkhof. Er war „geschlossen“, d. h. Kinder und Jugendliche waren bis zu sechs Monate in einem Gefängnis, ohne Ausgang, Besuch und regelmäßigen Kontakt mit den Angehörigen. „Weihnachten und Silvester bin ich lieber tot als hier“ hatte ein Kind in die Wand der Arrestzelle geritzt. Es zeigt, wie die Kinder litten. Sie sahen keinen anderen Ausweg als den Tod. Selbstverletzungen oder sogar suizidales Verhalten kamen in solchen Einrichtungen immer wieder vor. Der einzige Ausweg nach draußen war die Krankenstation.

Frau Weiß zeigte einen kurzen Dokumentarfilm über den Geschlossenen Jugendwerkhof Torgau. Nach einer kleinen Pause, in der jeder das Gehörte halbwegs verarbeiten konnte, begann um 14:00 Uhr das Zeitzeugengespräch mit Alexander Müller. Er schilderte den Alltag im Torgau und erzählte, wie es ihm erging. Noch heute hat er schwer mit den Erinnerungen zu kämpfen. Bestimmte Gerüche, Farben und Geräusche können bei ihm Flashbacks auslösen. Lange Zeit hatte er das Erlebte zu verdrängen versucht. Doch das Burnout holte ihn ein. Er ging in Therapie und behandelte seine komplexe posttraumatische Belastungsstörung.

Schwer erträglich sei es für ihn, wenn andere ihre Erlebnisse aus Kinderheimen für „schwer Erziehbare“ erzählen. „Ich habe meine eigene Hölle im Kopf“ ist der Satz, mit dem Alexander Müller beschreibt, wie es ihm wirklich geht. Viele ehemalige Heimkinder sind für ihr Leben geschädigt und leben von Bürgergeld oder einer Frührente. Ihre Kindheit wurde ihnen geraubt. In Torgau gab es keine Freundschaften. Jeder folgte dem menschlichen Überlebensinstinkt und kümmerte sich nur um sich selbst.

Auch die Essenszeit war streng geregelt, jeder Teller musste nach vorgegebener Zeit leer sein. Auf die Toilette wurde nur gegangen, wenn fünf Kinder der Gruppe das gleiche Bedürfnis hatten. Jeden Morgen stellten sich die Kinder im Flur auf und hörten die Nachrichten des Tages. Danach mussten sie Fragen beantworten, und wer keine Antwort parat hatte, bekam eine Strafarbeit. Antreten zum Hof-Appell gehörte zum Alltag. Die Beispiele zeigen, wie hart und kontrolliert der Alltag im Jugendwerkhof Torgau war. Das Beste am Tag war wahrscheinlich für alle Heimkinder der Schlaf. Denn dann waren alle in einer anderen Welt.

Wir danken Frau Weiß und Herr Müller für diese besondere „Geschichtsstunde“, über ein schwieriges, aber ungeheuer wichtiges Thema.  

Clara Fröhlich

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